Modellierung des Schildkrötengehirns liefert Erkenntnisse: Routing-Aktivität im visuellen Kortex

Neue Studie nutzt Computersimulationen, um zu untersuchen, wie sich Muster von Aktionspotenzialen in neuronalen Netzwerken ausbreiten.

14. Februar 2023

Eine neue Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung nutzt Computersimulationen, um zu untersuchen, wie sich Muster von Aktionspotentialen (Spikes) in neuronalen Netzwerken ausbreiten, die durch experimentelle Daten aus dem visuellen Kortex der Schildkröte eingeschränkt sind. Die Forscher fanden heraus, dass seltene, aber starke Verbindungen im Netzwerk die Zuverlässigkeit der Ausbreitung fördern können, indem sie ein Substrat bereitstellen, mit dem die Ausbreitung leicht gestoppt oder gefördert werden kann. Dies führt zu einem äußerst zuverlässigen System zur Weiterleitung der Aktivität in diesen Netzwerken. Die Forschungsergebnisse geben Aufschluss darüber, wie Neuronen im Gehirn miteinander kommunizieren und wie diese Kommunikation zuverlässig gesteuert werden kann.

Wie zuverlässig können Netzwerke aus miteinander verbundenen Neuronen Aktivität weiterleiten? Zwei Faktoren sprechen für "sehr unzuverlässig": Neuronen erhalten über schwache Verbindungen Input von vielen anderen Neuronen im Netzwerk, und die neuronalen Reaktionen variieren bei mehrfacher Darbietung desselben Reizes erheblich. Nichtsdestotrotz wurden in den Gehirnen verschiedener Spezies, darunter Mäuse, Menschen, Vögel und Schildkröten, wiederholbare Aktivitätsmuster gemessen. Diese Muster beinhalten die Aktivierung desselben Netzwerks von Neuronen in derselben zeitlichen Reihenfolge, was darauf hindeutet, dass die Ausbreitung der Aktivität in den Netzwerken zuverlässiger ist als bisher angenommen.

Frühere Experimente im Labor von Professor Gilles Laurent, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung, hatten diese Erwartungen bereits in Frage gestellt und gezeigt, dass die Aktivierung (ein Spike) selbst eines einzelnen Neurons im Schildkrötenkortex Aktivitätsmuster im Netzwerk auslösen kann. Die Netzwerkmechanismen, die hinter der zuverlässigen Ausbreitung dieser Spikes stehen, sind jedoch nach wie vor unklar.

Juan Luis Riquelme, ein Doktorand, der mit Julijana Gjorgjieva, Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Hirnforschung und Professorin an der TU München, zusammenarbeitet, untersuchte mithilfe von Computersimulationen die Mechanismen, die der Aktivitätsausbreitung in neuronalen Netzwerkmodellen zugrunde liegen. Ihre Studie enthüllt die Netzwerkkonnektivität, die die Erzeugung sequentieller neuronaler Antworten durch einen einzelnen Spike unterstützt. Die Netzwerke werden durch Aufzeichnungen aus dem Kortex der Schildkröte eingegrenzt, um zu erklären, wie einzelne Spikes eine so große Wirkung auf eine breit angelegte neuronale Aktivität haben können.

Die Forscher fanden heraus, dass seltene, aber starke Verbindungen in dem rekurrenten Netzwerk die Zuverlässigkeit der Ausbreitung trotz der verrauschten Aktivität anderer miteinander verbundener Neuronen fördern können. Das Team beobachtete, dass einige wenige starke Verbindungen die Ausbreitung leicht stoppen oder fördern können, was zu einem äußerst zuverlässigen System zur Weiterleitung der Aktivität innerhalb der Netzwerke führt. Im Gegensatz dazu machen viele schwache Verbindungen die Ausbreitung flexibel. Diese Weiterleitung könnte kontextabhängig sein, wobei entweder externe Eingaben oder laufende Netzwerkaktivitäten den endgültigen Ausbreitungspfad innerhalb des Netzwerks bestimmen. Wichtig ist, dass die Forscher herausfanden, dass diese Aktivitätsmuster in einzelne Module unterteilt werden können, die unabhängig voneinander aktiviert und kombiniert werden können. Dies deutet darauf hin, dass das Gehirn in der Lage ist, als Reaktion auf verschiedene Reize eine große Anzahl unterschiedlicher, aber zuverlässiger Aktivitätsmuster zu erzeugen. Diese Erkenntnisse haben wichtige Auswirkungen auf unser Verständnis der Art und Weise, wie das Gehirn den Informationsfluss steuert und wie es verschiedene Reize verarbeitet.

Insgesamt liefert diese neue computergestützte Studie Erkenntnisse darüber, wie Neuronen im Gehirn miteinander kommunizieren und wie diese Kommunikation zuverlässig gesteuert werden kann. Da Schildkröten eng mit ihren Vorfahren, den Amnioten, verwandt sind, kann das Verständnis der zuverlässigen Fortpflanzung in ihren einfacheren Kortizes Einblicke in die grundlegende Funktionsweise von Neuronennetzen bei verschiedenen Arten geben. Weitere Forschungen in diesem Bereich könnten zu Erkenntnissen darüber führen, wie das Gehirn Informationen verarbeitet, und neue Entwicklungen im Bereich der künstlichen Netzwerke ermöglichen.

Hinweis: Diese Berechnungsstudie ist eine Fortsetzung einer experimentellen Studie von Gilles Laurent, Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, aus dem Jahr 2019.

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