Abteilung Neuronale Systeme
Gilles Laurent
Unser Interesse gilt im weitesten Sinne der Funktion und Dynamik neuronaler Schaltkreise, den Prinzipien, die den Fluss und die Formatierung von Informationen im Gehirn steuern, die Kodierung, Speicherung und Dekodierung neuronaler Botschaften sowie die Rolle, die diese Faktoren bei Empfindung, Wahrnehmung und Verhalten spielen, einschließlich dem Schlaf. Unsere Ansätze kombinieren molekulare, elektrophysiologische, bildgebende, verhaltensbiologische und computergestützte Techniken und nutzen die Vorteile einer Vielzahl von experimentellen Modellsystemen (Wirbellose und Wirbeltiere). Derzeit arbeitet unser Labor an Nervensystemen von Reptilien und Cephalopoden. Diese neuroethologische und evolutionäre Perspektive bietet häufig einzigartige Einblicke, die uns nicht nur dabei helfen, die Evolution des Gehirns zu verstehen, sondern auch die Identifizierung allgemeiner Prinzipien von Berechnungen in Schaltkreisen ermöglichen.
- Schlafmechanismen bei Reptilien, REM- und NREM-Schlaf, Schlafevolution.
- Funktion des Claustrums.
- Navigationsschaltkreise und Hippocampus-Evolution bei Reptilien.
- Evolution des Amniotengehirns, Einzelzell-RNA Sequenzierung
- Codes der Aktionspotential-Sequenzen in kortikalen Schaltkreisen, kortikale Dynamik.
- Tarnverhalten von Cephalopoden.
- Mechanismen und Dynamik von motorischem Verhalten.
- Charakterisierung der neuronalen Schaltkreise von Cephalopoden
Frühere Arbeiten (1990-2015)
Geruchssinn
Wir konnten eine Reihe von Entdeckungen bezüglich der Dynamik olfaktorischer Systeme, ihrer mechanistischen Grundlagen und ihrer funktionellen Bedeutung machen (zusammen mit Hanan Davidowitz, Mike Wehr, Katrina McLeod, Mark Stopfer, Javier Perez-Orive, Ofer Mazor, Vivek Jayaraman, Stijn Casseaner, Maria Papadopoulou, Rachel Wilson, Glen Turner, Christophe Pouzat, Laurent Moreaux, Bede Broome, Stephen Houston, Kai Shen, Sina Tootoonian, Markus Meister, 1994-2015). Durch die Kombination von verhaltensbiologischen, elektrophysiologischen und computergestützten Ansätzen konnten wir die funktionelle Relevanz der neuronalen oszillatorischen Synchronisation nachweisen und die Schritte der Kodierung und Dekodierung aufschlüsseln, die durch das gleichzeitige Auftreten von transienten und periodischen Dynamiken ermöglicht werden und in der Erzeugung spärlicher Repräsentationen durch genauestens abgestimmte Koinzidenz-Detektor-Neuronen (Kenyon-Zellen) gipfeln. Diese Arbeit führte zu einem konzeptionellen Rahmen, der sensorische Repräsentationen als geordnete, niedrigdimensionale Kopien im neuronalen Zustandsraum beschreibt (zusammen mit Misha Rabinovich, Ramón Huerta, Henry Abarbanel).
Plastizität
Unsere Arbeit an olfaktorischen Schaltkreisen führte auch zu verwandten Entdeckungen wie z. B. der synaptischen Potenzierung durch zeitgleiche Aktivität („spike-time dependent plasticity“, STDP) bei einer wirbellosen Art und an nicht-glutamatergen Synapsen, was auf die konvergente Evolution von STDP-Regeln hindeutet (zusammen mit mit Stijn Cassenaer). Die STDP-Regel, die in den Pilzkörpern der Heuschrecke identifiziert wurde, erzeugt eine homöostatische Regulation der neuronalen Synchronisation und dient als synaptische Markierung für zukünftige Gewichtsänderungen, wenn ein Reiz mit einer Belohnung gepaart wird.
Gezielter Einsatz von experimentellen Modellsystemen für die Neurowissenschaften
Während ein Großteil der oben genannten Arbeiten mit Heuschrecken oder Grashüpfern durchgeführt wurde, stammen einige unserer wichtigsten Erkenntnisse aus der Arbeit mit Honigbienen als Modellsystem (zusammen mit Mark Stopfer). Unser Labor leistete auch Pionierarbeit bei den ersten erfolgreichen nachhaltigen „Patch-Clamp“-Ableitungen vom Gehirn der Fruchtfliege Drosophila, was die Entwicklung der Systemneurowissenschaften in diesem genetischen Modellsystem ermöglichte (zusammen mit Rachel Wilson, Glenn Turner, Mala Murthy, Vivek Jayaraman); mit Zebrafischen erweiterte unsere Gruppe unser Verständnis der Dynamik für die Reizdekorrelation (zusammen mit Rainer Friedrich). An Ratten entdeckten wir die enge Abhängigkeit der Reaktionen von Mitralzellen auf Gerüche von erlernter Erwartung und Kontext (zusammen mit Leslie Kay).
Sehen und zelluläre computergestützte Berechnungen
Indem wir uns auf ein Paar visueller Neurone von Insekten konzentrierten, die besonders sensitiv auf Objektannäherung („Looming“) reagieren, lieferte unsere Gruppe ein einfaches algorithmisches und mechanistisches Verständnis der „Looming“-Selektivität bei visuellen Neuronen. Dies führte uns dann zu einem biophysikalischen Verständnis der Multiplikation durch einzelne Neurone (zusammen mit Niko Hatsopoulos, Fabrizio Gabbiani, Holger Krapp).