Zwei neue Forschungsgruppen am Max-Planck-Institut für Hirnforschung

21. Dezember 2021

Alison Barker und Vanessa Stempel sind seit 2021 als neue Forschungsgruppenleiterinnen am Max-Planck-Institut für Hirnforschung tätig. Barker bringt einen neuen Modellorganismus mit: Ihre Gruppe wird die neuronalen Mechanismen untersuchen, die der sozialen Kommunikation bei Nacktmullen zugrunde liegen. Vanessa Stempel’s Gruppe untersucht die neuronalen Schaltkreise, die adaptiven Instinkt-Verhaltensweisen zugrunde liegen, und arbeitet an der Schnittstelle von Neuroethologie und -physiologie.

Soziale Systeme und Neuronale Schaltkreise

Im Dezember 2021 hat Alison Barker ihre Forschungsgruppe "Soziale Systeme und Neuronale Schaltkreise" am MPI für Hirnforschung gestartet. Ihre Gruppe wird sich auf die neuronalen Mechanismen der sozialen Kommunikation konzentrieren. Barkers Forschung nimmt eine breite evolutionäre Perspektive ein und untersucht die stimmliche Kommunikation bei Nacktmullen (Heterocephalus glaber). Nacktmulle sind hochsoziale Nagetiere, die in großen Mehrgenerationenkolonien unter der Herrschaft eines einzigen brütenden Weibchens, der Königin, leben.

Die Fähigkeit zu kommunizieren prägt unsere Interaktionen mit der Umwelt und mit Mitgliedern unserer sozialen Umgebung. Dies gilt insbesondere für den Nacktmull mit Kolonien von bis zu 300 Individuen in freier Wildbahn. Die einzelnen Mitglieder der Gruppe müssen zahlreiche Aufgaben koordinieren, darunter die Nahrungssuche, die Verteidigung der Kolonie und die Pflege der Jungtiere. Nacktmulle verwenden mehr als 25 verschiedene Lautäußerungen, die nachweislich viele Aspekte ihres Sozialverhaltens unterstützen. Barkers Gruppe wird untersuchen, wie die Informationen zu diesen kooperativen Verhaltensweisen in den Lauten kodiert und anschließend von spezialisierten neuronalen Schaltkreisen entschlüsselt werden. Durch die Anpassung traditioneller Mechanismen zur Erforschung neuronaler Schaltkreise und die Entwicklung neuer rechnerischer und maschineller Lernverfahren will Barker untersuchen, wie soziale Informationen innerhalb sozialer Einheiten übertragen werden und letztlich zur Kooperation führen.

Barker: "Ich kann mir kein besseres Zuhause für die Nacktmulle vorstellen als das MPI für Hirnforschung, ein wegweisendes Zentrum für Neurowissenschaften, das von Kreativität, bahnbrechenden technologischen Innovationen und natürlich dem Studium vieler anderer faszinierender 'nicht traditioneller Modellorganismen' angetrieben wird. Ich bin gespannt, was uns die Nacktmulle weiterhin lehren werden, wenn wir beginnen, ihr bemerkenswertes Sozialverhalten auf neuronaler Ebene zu erforschen."

"Ich kann mir kein besseres Zuhause für die Nacktmulle vorstellen als das MPI für Hirnforschung (...)"

Alison Barker studierte Biochemie an der Brown University. Während ihrer Doktorarbeit untersuchte sie die Größenselektivität im visuellen System von Zebrafischlarven und arbeitete dabei mit Herwig Baier in San Francisco und am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried. Im Jahr 2015 promovierte sie in Neurowissenschaften an der University of California, San Francisco (UCSF). In ihrer Postdoc-Zeit bei Gary Lewin am Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin begann sie mit Nacktmullen zu arbeiteten konnte zeigen, dass Nacktmulle verschiedene Stimmdialekte verwenden, um Informationen über die soziale Zugehörigkeit zu übermitteln und, dass diese Stimmzeichen früh im Leben erlernt werden können.

Neuronale Schaltkreise für Instinktives Verhalten

Vanessa Stempel ist seit April 2021 als neue Max-Planck-Forschungsgruppenleiterin am MPI für Hirnforschung tätig.

Instinktive Verhaltensweisen wie beispielsweise Jagen, Flucht oder Paarung stellen für Tiere ein Überlebenspaket an Handlungen dar, die sie sich mit wenig bis gar keiner Erfahrung aneignen. Bei Wirbeltieren werden diese Handlungen von bemerkenswert konservierten Schaltkreisen im Hirn erzeugt. In den letzten Jahren wurde es zunehmend deutlich, dass instinktive Verhaltensweisen nicht nur stereotype, festgelegte Handlungsmuster sind, sondern dass sie sowohl in Bezug auf die Auswahl der Handlung, als auch auf deren Ausführung flexibel sein können.

Ihre Forschungsruppe "Neuronale Schaltkreise für Instinktives Verhalten" wird einen multidisziplinären Ansatz verfolgen, bei dem in-vivo Ableitungen neuronaler Aktivitäten und Manipulationsexperimente bei ethologisch relevanten Verhaltensaufgaben mit Analysen auf molekularer, zellulärer und Schaltkreisebene in vitro kombiniert werden.

Stempel: "Ich fühle mich sehr glücklich, mein Labor hier am MPI für Hirnforschung zu beginnen, umgeben von großartigen Kolleg*innen. Meine Gruppe wird einen starken neuroethologischen Schwerpunkt haben und die neuronalen Mechanismen untersuchen, die instinktiven Verhaltensweisen zugrunde liegen. Wir haben gerade damit begonnen, unsere ersten Experimente durchzuführen, es sind also wirklich aufregende Zeiten!"

"Wir haben gerade damit begonnen, unsere ersten Experimente durchzuführen, es sind also wirklich aufregende Zeiten!"

Vanessa Stempel studierte Biologie in Deutschland, Polen und dem Vereinigten Königreich. Sie promovierte an der Freien Universität Berlin, wo sie in der Gruppe von Dietmar Schmitz an neuronalen Plastizitätsmechanismen forschte. Als Postdoc arbeitete Vanessa in der Gruppe von Tiago Branco, zunächst am MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge und dann am UCL in London, um die neuronalen Grundlagen der Fluchtverhalten bei Mäusen zu untersuchen. Sie untersuchte insbesondere, wie neuronale Schaltkreise im Hirnstamm Informationen über Bedrohungen integrieren und die Flucht einleiten.

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