ERC Consolidator Grant für Hiroshi Ito
Frankfurter Neurowissenschaftler erhält zweites ERC-Stipendium zur Erforschung des neuronalen Mechanismus der räumlichen Navigation.
Hiroshi Ito, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt, hat für sein Projekt "Neural circuits enabling navigational simulations" den prestigeträchtigen European Research Council (ERC) Consolidator Grant erhalten. Die ERC Consolidator Grants sind im Durchschnitt mit 2 Millionen Euro dotiert und unterstützen ehrgeizige Forschungsprojekte mit hohem Risiko und großem Potenzial.
Eine innere Karte
Neurowissenschaftler glauben, dass das Gehirn über ein internes Kartensystem, eine so genannte kognitive Karte, verfügt. Wie Ito erklärt: "Wenn man plant, einen vertrauten Ort zu besuchen, z. B. sein Lieblingsrestaurant, hat man schon bevor man sich auf den Weg macht ein Gefühl für dessen Richtung und Entfernung, auch wenn man den Weg nicht tatsächlich vor Augen hat. Wenn der gewohnte Weg zu dem Restaurant durch Bauarbeiten blockiert ist, ist man in der Lage, sich sofort eine alternative Route ausdenken.“
Das Vorhandensein einer kognitiven Karte im Gehirn von Säugetieren, einschließlich Menschen und Nagetieren, ist inzwischen allgemein anerkannt. In den letzten Jahrzehnten haben Neurowissenschaftler eine Reihe von Beweisen dafür geliefert, darunter die Identifizierung von Neuronen, die in Abhängigkeit von der Position eines Tieres im Raum aktiviert werden, sowie eine Population von Neuronen, die auf das spätere Ziel eines Tieres hinweisen - eine "Zielkarte" - wie Itos Forschungsgruppe berichtet. Diese Entdeckungen ermöglichen es, die Gedanken eines Tieres zu "lesen", bevor es zu navigieren beginnt.
In diesem durch das ERC-Stipendium geförderten Projekt wird Itos Gruppe untersuchen, wie das Gehirn eines Tieres sein inneres Ziel festlegen, mögliche Routen oder Wege planen und den am besten geeigneten Weg bewerten kann. Der Forscher führt aus: "Meine Hypothese ist, dass viele dieser Vorgänge im Gehirn nicht unbedingt als Handlungen ausgeführt werden, sondern rein intern ablaufen, was die Idee unterstützt, dass Tiere wie Menschen mentale Simulationen durchführen können."
Ito geht davon aus, dass diese Studien auch neue Erkenntnisse über die Pathophysiologie psychiatrischer Störungen liefern können, z. B. darüber, wie unsere internen Denkprozesse gesteuert und bei Symptomen wie Illusionen oder Halluzinationen gestört sein können.
Über den Wissenschaftler
Hiroshi Ito promovierte in Biologie am California Institute of Technology in Pasadena, USA. Anschließend forschte er als Postdoktorand an der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim. Seit 2016 ist er unabhängiger Forschungsgruppenleiter der Memory and Navigation Circuits Group am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt. Im Jahr 2017 erhielt er seinen ersten ERC-Grant (Starting Grant).
Über den ERC
Der Europäische Forschungsrat (ERC) wurde 2007 von der EU gegründet und ist die erste europäische Förderorganisation für exzellente Grundlagenforschung. Sie ermöglicht talentierten und kreativen Forschern - die auf der Grundlage eines EU-weiten Wettbewerbs ermittelt werden - die vielversprechendsten Fragestellungen der Wissenschaft zu verfolgen. ERC Consolidator Grants sollen herausragende Wissenschaftler zu einem Zeitpunkt ihrer Karriere unterstützen, wenn sich ihre Forschungsgruppe in der Konsolidierungsphase befindet.