Erin Schuman mit Louis-Jeantet-Preis ausgezeichnet

Stiftung würdigt Forscherin für ihre Arbeit zur lokalen Proteinsynthese an Synapsen

22. Januar 2020

Die Louis-Jeantet-Preise für Medizin 2020 werden an Erin Schuman vom Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in Frankfurt und gemeinsam an Graziella Pellegrini und Michele de Luca vom Zentrum für Regenerative Medizin "Stefano Ferrari" in Modena verliehen. Die Forschung der Preisträger ist für die Medizin von erheblicher Bedeutung.

Gehirnzellen sind mit ihren komplizierten Verzweigungen (Dendriten und Axonen) die komplexesten Zellen im Körper. Die Kommunikationsstärke zwischen den Neuronen wird durch Proteine an ihren Kontaktstellen bestimmt, den Synapsen. Die meisten Synapsen befinden sich weit entfernt vom Zellkörper bzw. vom Zellkern. Doch wie bekommen die Synapsen angesichts der Entfernung vom Zellkörper die Proteine, die sie für ihre Funktion benötigen, zur richtigen Zeit und in der richtigen Menge an den richtigen Ort?

Erin Schuman hat wichtige Beweise dafür geliefert, dass viele Proteine lokal in der Nähe von Synapsen produziert werden und dazu verwendet werden können, die synaptische Kommunikation zu verstärken. Schuman und ihr Team haben entdeckt, dass die Proteinsynthese in neuronalen Fortsätzen stattfindet. Um die Translation von mRNAs („Boten-RNAs“) in vivo zu studieren, entwickelte ihr Labor Techniken zur Beobachtung von neu synthetisierten Proteinen.

Im Jahre 1996 machte Schuman die bahnbrechende Entdeckung, dass Proteinsynthese innerhalb der Dendriten für die sogenannte synaptische Plastizität notwendig ist. Sie erhielt einige der ersten direkten Nachweise, dass die Proteinsynthese lokal in Dendriten stattfindet. Ihr Team entdeckte Tausende von Boten-RNAs fernab des Zellkörpers - in neuronalen Axonen und Dendriten.

Lernen erfordert lokale Proteinsynthese

Synaptische Plastizität ist die Grundlage für Lernen und Gedächtnis. Bei dieser Form der Plastizität passen Synapsen ihre Stärke an und verändern somit die Kommunikation zwischen den Neuronen. Dies wird durch die Regulierung der Art und Anzahl der Proteine an den Synapsen erreicht.

Darüber hinaus entwickelte Schuman zusammen mit ihren Kollegen Dave Tirrell und Daniela Dieterich am Caltech neue Methoden zur Markierung, Aufreinigung, Identifizierung und Visualisierung neu synthetisierter Proteine in Zellen mit Hilfe nichtkanonischer Aminosäuren und Klick-Chemie. Ihre Studien zielen darauf ab, die Plastizität des Gehirns zu verstehen, ein entscheidender Aspekt für Lern- und Gedächtnisprozesse, sowie für die sensorische, motorische und psychologische Rehabilitation nach Hirnschädigungen.

Dank Schumans Erkenntnis, dass Proteine, die in der Nähe von Synapsen hergestellt werden, entscheidend für die synaptische Kommunikation und Plastizität sind, lassen sich die Funktionsweise von Synapsen sowie neuronale Entwicklungsstörungen und die Rehabilitation nach Hirnschädigungen verstehen. Erin Schuman wird das Preisgeld für die Erforschung der Mechanismen der Proteinsynthese und des -abbaus und deren Optimierung zur Deckung des Bedarfs der Synapsen im Gehirn verwenden.

Erin Schuman

Erin Schuman wurde 1963 geboren, erhielt ihren Bachelor-Abschluss von der Universität Southern California und ihren Doktor in Neurowissenschaften von der Princeton Universität. Als Postdoc arbeitete sie in der Abteilung für Zellulärer und Molekularer Physiologie an der Stanford Universität. 1993 trat sie der biologischen Fakultät am California Institute of Technology bei. 1997 wurde sie als Forscherin an das Howard Hughes Medical Institut berufen. Im Jahr 2009 wurden sie und ihr Mann, Gilles Laurent, als Gründungsdirektoren des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung berufen und zogen nach Frankfurt, Deutschland. Schuman leitet dort die Abteilung für Synaptische Plastizität.

Im Jahre 2014 wurde Erin Schuman in die Europäische Organisation für Molekularbiologie (EMBO) gewählt und 2017 in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Während ihrer Karriere wurde sie mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt, wie dem Pew Biomedical Scholar Award, dem Beckman Young Investigator Award und vor kurzem dem Salpeter Lifetime Achievement Award von der Gesellschaft für Neurowissenschaften.

 

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