Tarnung und Texturwahrnehmung bei Tintenfischen

Tarnung und Texturwahrnehmung bei Tintenfischen

Auf unserem Planeten ist die Tarnung (Camouflage) von Cephalopoden wie Oktopus und Sepia eine der erstaunlichsten Verhaltensweisen die in der Natur vorkommt. Diese hat sich bei diesen Tierarten entwickelt, nachdem sie die äußere Schale ihrer Vorfahren (noch vorhanden bei den entfernten Verwandten Nautilus) verloren hatten und sie schutzlos den sich schnell entwickelnden Raubtieren wie Fischen ausgeliefert waren. Im Laufe der Jahrmillionen hat die natürliche Selektion dazu geführt, dass sie Tricks entwickelt haben, um ihre äußere Erscheinung so zu verändern, dass sie für Beute und Räuber visuell nicht (oder kaum) zu erkennen sind.

Ein Grund, warum die Tarnung der Kopffüßer von allgemeiner Bedeutung ist, liegt darin, dass sie einen Prozess widerspiegelt, der von allen Nervensystemen ausgeführt wird: die Segmentierung visueller Szenen in "Texturflecken". Allgemeiner ausgedrückt, ist die Camouflage ein Ausdruck des Phänomens der Texturwahrnehmung, das auch für das menschliche Sehen charakteristisch ist.

Ein zweiter interessanter Grund ist, dass die Tarnung der Cephalopoden uns (und ihre natürlichen Feinde, z.B. Fische) täuscht, was bedeutet, dass ihre Wahrnehmung von Texturen der unseren ähnlich sein muss, obwohl sich die Cephalopoden (Weichtiere im Allgemeinen) vor etwa 650-700 Millionen Jahren von unserer Abstammungslinie getrennt haben, und zwar von einem gemeinsamen wurmartigen Vorfahren, der ein primitives Nervensystem besaß. Das bedeutet, dass die Texturwahrnehmung bei Cephalopoden und Wirbeltieren konvergiert sein muss und sich nicht aus bereits vorhandenen Prinzipien entwickelt hat.

Ein dritter Grund, warum die Tarnung interessant ist, besteht darin, dass sie uns Beobachtern ein direktes Maß dafür gibt, wie die Tiere die Welt wahrnehmen: Wir können die Haut dieser Tiere filmen und direkt ablesen, wie sie eine visuelle Szene wahrnehmen. Dies ist ein einzigartiger Vorteil für die Sinnesphysiologie.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Tintenfische es uns durch ein Verhalten, das nur bei bestimmten Kopffüßern vorkommt, ermöglichen, eine allgemeine Eigenschaft hochentwickelter visueller Systeme, einschließlich unseres eigenen, zu untersuchen, nämlich die Zerlegung visueller Szenen in Texturfelder.

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