
Tierversuche an unserem Institut
Wir setzen an unserem Institut Alternativmethoden wie Zellkulturen oder Computersimulationen ein, um Tierversuche wo immer möglich zu ersetzen. Trotzdem reichen diese Alternativen alleine nicht aus, um komplexe biologische Prozesse zu erforschen. Deshalb bleiben Tierversuche in unserer Forschung unverzichtbar.
Warum ist es sinnvoll, das Gehirn vieler Tierarten zu erforschen?
Lange bevor die Neurowissenschaften ein eigenständiges Forschungsgebiet wurde, untersuchten am Gehirn interessierte Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen wie Neurologie, Psychologie und Philosophie das Verhalten verschiedener Tierarten. Ab 1900 entwickelte sich die Neurowissenschaft (nicht zu verwechseln mit der Neurologie, einem Spezialgebiet der Humanmedizin) zu einer der spannendsten und vielfältigsten Disziplinen der modernen Wissenschaft. Die Errungenschaften der letzten 100 Jahren basieren dabei auf der experimentellen Arbeit mit verschiedenen Tierarten aus allen großen Tiergruppen. Dazu gehören der Hufeisenkrebs Limulus, weitere Krebsarten, Insekten, Mollusken und viele Wirbeltiere wie Neunauge, Fische einschließlich elektrischer Fische, Frösche, Salamander, Schildkröten, Eulen, Kaninchen, Katzen, Fledermäuse, Frettchen und Primaten, einschließlich des Menschen, um nur einige zu nennen. Über diese vielen verschiedenen Systeme hinweg konnten grundlegende neurowissenschaftliche Fakten und Konzepte wie Aktionspotenzial, Feuerungsraten, Anpassung, erregende und hemmende Neurotransmission, Membranströme, Ionenkanäle, rezeptive Felder, Hirnkarten, laterale Hemmung, Neuromodulation, zentrale mustergenerierende Schaltkreise, neuronale Oszillationen, Hirnrhythmen und andere dynamische Regime erstmals gezeigt werden.
Durch diese Forschungen haben wir grundlegende Erkenntnisse über das Gehirn gewonnen. Einige dieser Erkenntnisse sind zum Beispiel, wie Nervenzellen Signale weiterleiten (Aktionspotentiale), wie sie auf Reize reagieren (Feuerungsraten), wie sie sich an wiederholte Reize anpassen (Adaptation), und wie sie miteinander kommunizieren (Neurotransmission). Weitere wichtige Konzepte sind die Ströme, die durch die Zellmembranen fließen, die Ionenkanäle, die die Durchlässigkeit der Membran kontrollieren, und die Karten im Gehirn, die verschiedene sensorische Felder repräsentieren.
Die Untersuchung vieler verschiedener Tiere hat dazu beigetragen, allgemeine Prinzipien der Neurowissenschaften zu entdecken, die für alle Gehirne und Organismen gelten. Ein weiterer Vorteil der Forschung an verschiedenen Tierarten ist, dass die Ergebnisse oft auf andere Spezies übertragbar sind und praktische Vorteile bieten. So stammt ein Großteil unseres Wissens über die Biophysik neuronaler Membranen aus Untersuchungen an Tintenfischen, die riesige Nervenfasern haben. Diese haben sich entwickelt, um schnelle Fluchtreaktionen zu ermöglichen. Ebenso stammt viel Wissen über die Lokalisierung von Schallquellen von Schleiereulen, die Beutetiere herrvorragend im Dunkeln orten können. Diese Strategie, Modellsysteme zu finden, die sich am besten für bestimmte Forschungsfragen eignen, ist typisch für die neuroethologische Perspektive.