Molekulare Spuren des Lernens bei Ratten und Mäusen

Molekulare Spuren des Lernens bei Ratten und Mäusen

Das Gehirn von Mäusen und Ratten funktioniert sehr ähnlich wie das menschliche Gehirn. Es reagiert ständig auf Eingaben aus der Umwelt, verarbeitet Informationen und bildet sowie speichert Erinnerungen. Unsere Wissenschaftler untersuchen molekulare Spuren des Lernens in Nervenzellen, auch Neuronen genannt. Denn schließlich müssen Lernen und Erinnerungen auch einen molekularen Fußabdruck in den Zellen hinterlassen.

Für viele unserer Untersuchungen verwenden wir isolierte Nervenzellen von Mäusen und Ratten, die wir in Zellkulturschalen züchten. Neuronen in Kultur können direkt unter dem Mikroskop untersucht und leicht durch Gentechnik oder Medikamente im Kulturmedium manipuliert werden.

Neuronen sind Gehirnzellen mit langen Ausläufern, die miteinander kommunizieren, indem sie an speziellen Kontaktstellen, den Synapsen, Signale senden und empfangen. Ein Neuron verfügt über Tausende von Synapsen entlang seiner Ausläufer und verarbeitet so gleichzeitig die Eingaben vieler anderer Neuronen.

Einige Lernvorgänge sind auf zellulärer Ebene beobachtbar: Einzelne Synapsen können bei der Übertragung von Informationen stärker oder schwächer werden. Doch es war bislang unklar, wie ein Neuron selektiv und präzise eine einzelne Synapse von den Tausenden, die es hat, verändern kann.

Durch den Einsatz von Neuronenkulturen und Nagetiergewebe hat unsere Forschung das Verständnis der Funktionsweise von Neuronen revolutioniert und erklärt, wie Lernen auf zellulärer Ebene stattfindet. Wir entdeckten, dass Proteine, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen, die Gedächtnisbildung und die gesamte Entwicklung des Gehirns entscheidend sind, nicht alle im Zellkörper gebildet werden, wie früher angenommen. Einige werden lokal in der Nähe von Synapsen produziert, wodurch sie die Zusammensetzung einer einzelnen Synapse präzise verändern können. Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit besteht darin, diese lokale Proteinproduktion sichtbar zu machen.

Mit Neuronenkulturen haben wir mehrere Methoden entwickelt, die heute weltweit von anderen Forschern genutzt werden. Diese Methoden ermöglichen es beispielsweise, neu gebildete Proteine von alten zu unterscheiden, die Proteinproduktion in bestimmten Zellen zu stoppen und Proteine, die in spezifischen Zellen oder Synapsen gebildet werden, aus einem vernetzten Zellverbund zu extrahieren. Viele dieser Methoden nutzen Gentechnik, mit der wir das Erbgut von Mäusen mithilfe gentechnisch veränderter Stammzellen verändert haben.

Da echte Lernvorgänge nur in einem lebenden Tier stattfinden, untersuchten wir, ob die molekularen Spuren, die sie in kultivierten Neuronen gefunden haben, auch bei lebenden Tieren zu beobachten sind.

Genetisch veränderte Mäuse als Gewebespender haben unseren Forschern kürzlich dabei geholfen, die Vielfalt der Synapsen im Gehirn zu entschlüsseln. So identifizierten sie einen Faktor in einem bestimmten Synapsen-Typ, der die Anfälligkeit von Neuronen erklärt, die bei der Parkinson-Krankheit degenerieren. Da wir nun viel über die Vorgänge im Gehirn gesunder Mäuse wissen, können sie untersuchen, was bei verschiedenen Hirnerkrankungen schief läuft.

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